Arrivato


Etappe 10: Poggibonsi - Sassofortino

Routenplanung

Distanz: 
Ladestand Batterie bei Ankunft:
Ladezeit:
Ladestand Batterie bei Abfahrt:
Mutmasslicher Stromverbrauch:
Mutmasslicher Batteriestand b.Ankunft
Abfahrt:
Fahrzeit
96 km
18%
4 Stunden 30 Minuten
80%
?%
?%
11:15
2 Stunden

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E-Mail








Von:
karl

Betreff: arrivato?

Datum: 29. März 2013 10:55:00 MEZ
An: Martin Bühler


Lieber Martin - wo wirst Du veröffentlichen?
Der (Fast-)Abschluss Deines Berichts liest sich ja wie die Touren aus der Frühzeit des "Automobils", als die essenza noch literweise in der Apotheke gekauft werden musste. Die Reichweite der damaligen Füllungen entsprach dabei in etwa der Deinigen, weshalb sich hieraus vielleicht eine Eulersche Zahl der automobilita ableiten ließe jenseits der oil-peakenden wandendeln Komfort-Hotels auf vier Rädern. Im Umkehrschluss zu Deinen Beschreibungen werden ja die Verschwörungstheorien bewiesen, dass wir längst in einer Welt leben, die von der Auto/Öl-Krake gefangen ist, auf dass wir alle unser Finanzblut von ihr abzecken lassen.


Wie sehr die Menschen, die in ihrem direkten Dienst stehen  - und zwar subaltern - davon gezeichnet sind, erinnert leibhaftig an Kafkas Process-Beamte, die Josef K. zeigen, dass er überall davon umgeben ist. 


Wo Dein Stil Leben bringt, weil er schöne Abenteuer zeichnet, werde ich professoral-verklausuliert, weil ich am heimischen Schreibtisch immer noch das Wetter abwarte, das schlechtundschlecht bleibt; ein Frühling, der gerade ersäuft und erfriert in einem.


Wenn Du nun endlich Dein paradiso erreicht haben wirst wo Du wahrscheinlich mit extremer Erleichterung empfangen wurdest, bin ich sehr gespannt, ob Du tatsächlich mit dem chronologisch anderen Ente der Autogeschichte wieder nach Norden aufbrechen wirst, um Deine Nomaden-Perspektive noch einmal zu spiegeln. Immerhin bleibt Dir ja als happy-end-köder die Gewissheit, dass Du kurze Zeit später wieder zurück darfst, vermutlich wieder mit einem der von Dir geschätzten Komfort-Züge und dann die Abenteuer dieses Frühjahrs in bester Blaubär-Manier archivieren kannst.
Das Basteln an der heimischen Technik zur Propagierung der elektrischen Mobilität wird dann ein weiterer Akt der Kolonialisierung sein und dementsprechend befriedigen. Vermutlich wirst Du recht schnell eine Genossenschaft gründen, um mit Gleichgesinnten diesen Teil der Welt zukunftsfähig zu machen, denn im Moment kracht alles andere ja in Etappen zusammen.


Ausgelöst von Deinen Erzählungen und den Ereignissen in Zypern sowie deren Kommentierung male ich mir gerade aus, wie es in einigen Jahren hier sein wird, wenn die giftige Schlange in ihren Schwanz beißt und auch wir imperialistischen deutschen uns totsparen müssen, weil alle anderen nur als Hungerleider uns die Konkurrenz machen. Als Staatsbedienstete und dann vielleicht bald Pensionäre werden wir als erste rasiert werden, denn der Staat muss ja Ausgaben sparen um Steuern senken zu können. 


Dann kann ich nicht mehr davon träumen, schnell zu Euch zu flitzen und meinen Gemüts-Tank zu füllen, weil es kein Benzin mehr gibt bzw. für mich unerschwinglich sein wird...
Jaja, so laufen die Gedanken leer, wenn die Schule gerade keine Anforderungen stellt, aber das Hirn doch nicht in den standby kann, sondern auf Mindestdrehzahl bleiben muss, weil es in ein paar Tagen wieder hochjaulen muss. Ob das wirklich so gesund ist?


Wie dem auch sei "Leben gefährdet Ihre Gesundeit" und wenn wir diesem Schicksal ohnehin nicht entgehen, suchen wir angenehme Momente für uns und auch für andere.
Mit diesem Vorsatz würden wir uns natürlich sehr freuen, wenn Du in wenigen Tagen wieder aufbrichst, um so quasi den Abschluss Deines Abenteuers hier wieder gemeinsam zu feiern.
Ich wünsche Dir deshalb gut ausgeschlafene, schöne Tage in Eurem wunderbaren Süden und Grüße an Barbara.


Ganz herzlich

Karl


Und: 


E-Mail






Von: Barbara 
Betreff: Heimkehr
Datum: 29. März 2013 11:49:00 MEZ
An: Martin Bühler



lieber heimgekehrter(!?),

deinen bericht hab ich mit mehr als einem schmunzeln gelesen - und immer darauf gewartet, dass du endlich mordsmäßig fotografiert wirst - so von allen seiten, mit auto - im auto, neben dem auto, ohne auto - und dass sie dir eine auto-lebenslange freitank-karte geben, weil du - ganz alleine du! - durche all die unbilden hindurch das mächtige gebirge in einem elektromobil überwunden hast!!!! - auguriiiiiiiii!!!!!!!!
du kannst dir meine enttäuschung über signora vorstellen, oder?
sag mal, wie oft bekommen die eigentlich solcherlei besuch?
täglich?
stündlich?
minütlich?
oder was????
jedenfalls ein hoch auf citroen - auch im ausland!
(auch mir werden die franzosen seit jahren immer symapthischer!)

die sache mit dem spielzeug: ich befürchte, das hast du absolut richtig erkannt und benannt.
man hat das halt heute so im sortiment. (ich denke da an das drei-literauto, das vw vor ca. 10 jahren in irgendeiner gottvergessenen schreibtischschublade verschwinden, wohl auch vergammeln ließ...)

immerhin hast du gute informationen erhalten im weißen leder-fauteuil, die dich jetzt ohne weiteres befähigen werden, all die vielen regionalniederlassungen des großkonzerns ebenso großzügig zu unterstützen, indem du dir lauter regionale karten und vignetten kaufst: eine große idee bedarf großer unterstüzung, nicht wahr!?

inzwischen bist du sicherlich - hoffentlich! - daheim angekommen,
nach einer hoffentlich sehr angenehmen nachtruhe in die arme deiner liebsten gesunken, von einem espresso erquickt und deinem neugierigen enkel nach strich und faden ausgehorcht worden. - recht so!

die nachgelieferte fortsetzung deines reiseberichts erwarte ich mit spannung!!!! - und dich bei deinem neuerlichen aufscheinen auch!

sei lieb gegrüßt - und diesmal gib von den grüßen auch ab an die deinen, v.a. an barbara. von herzen. b.
 
 



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Nachgelieferte Fortsetzung des Reiseberichts

Früher Morgen, Freitag, 29. März 2013. Wie vorgesehen treffe ich um 06 Uhr 30 den titolare des Albergos. Er öffnet mir gleich die Garage und zeigt mir die Steckdose, wo ich mein Ladekabel einstecken und mich dann noch einmal für eine Stunde aufs Ohr legen kann.


Alberbo Italia, Poggibonsi
Nach einem ausführlichen Frühstück dann schlendere ich durch die Strässchen von Poggibonsi, halte einen ausgedehnten Trasch mit Luciano, dem Tapezierer an der Via Senese 16. Seine Schilderungen über sein Handwerk, das in Italien einst hohe Schule war, klingen pessimistisch. Gleich seine Einschätzung zur politischen Situation des Landes. 'Wo führt das hin, eine halbe Generation junger Menschen ohne Aussicht auf Arbeit, Politiker, die seit Jahrzehnten Volk und Land aussaugen, wenige nur noch, die bereit sind, für eine gute Arbeit einen angemessenen Preis zu bezahlen'...

Um 11:15 Uhr ist es dann soweit: Die Batterien sind zu 80% nachgeladen, etwas knapp für die ganze Strecke bis Sassofortino, denke ich, doch nun treibt es mich nach Hause, gleich dem Pferd, das den Hafer riecht. Ich mache mich also auf den Weg. Hätte ich mich vor Abfahrt noch einmal der Distanz und des mutmasslichen Energieverbrauchs vergewissert, so hätte ich festgestellt, dass es nicht reichen wird. So fahre ich jedoch unbesorgt los, auf der Superstrada in Richtung Siena und begann die zweite Ungeschicklichkeit an diesem Morgen, denn -wie ich dann später bemerkte- wäre die Route über Colle di Val D'elsa in Bezug auf km und Energieverbrauch deutlich günstiger gewesen. Deshalb  nehme ich dankend die Situation auf, dass bei Iesa die Superstrada Siena - Grosseto unterbrochen ist und der Verkehr über Monticiano umgeleitet wird. Für mich ein Glück, denn so verkürzt sich die Strecke doch noch ein wenig und ich benötige weniger Energie als vorgesehen, denn erstens zwingen mich die vielen Kurven langsamer zu fahren als auf der Superstrada und zweitens gibt es weniger Steigungen, insbesondere die lange Bergfahrt vor Roccastrada fällt somit weg. Trotzdem geht es mit dem Energievorrat langsam zu Ende, so dass ich mich in Torniella entschliesse, sicherheitshalber einen letzten kurzen Ladestopp einzulegen - es wäre ja sonst wirklich zu peinlich, wenn ich kurz vor Sassofortino hängen bleiben würde. Ich darf bei der Bar 'La Combriccola' andocken und nutze die Mittagszeit zu einem 'pranzino', was so viel ist wie frisch gebackenes Brot, etwas affetatto, ein paar Scheiben pecorino und ein Glas Rotwein. Dazu etwas Oliven und köstliches natives Olivenöl. 

Dann, der Moment des Ankommens. Es ist halb Drei Uhr, als ich in Sassofortino ankomme. Das Dorf döst noch im Mittagsschlaf, die Strada Provinciale Meleta ist menschenleer. Ich hab's geschafft, jubelt es in mir! Vorsichtig biege ich in die kleine Strasse ein, die zu unserem Hof führt, noch 3 km auf holpriger Naturstrasse, eine letzte Kurve, dann ...

Da, Erato und Babu, unsere Hündinnen kommen mir entgegen gehüpft. 




Und dann sehe ich sie, meine Familie, lachend am Eingangstor stehend, ein grosses Plakat zum Willkomm ausgerollt.

NONNO BRAVO!! BENVENUTO! 

Nun lache auch ich, glücklich, Daheim zu sein. Nach einer langen Reise, von der ich etwas erzählen kann ...





Nachwort:
Seit jenem Moment des Ankommens sind fast drei Monate verstrichen. Mehr als 3'000 km sind ich und wir seither bereits mit dem 'Bläuling' -so der Name unseres iON- gefahren. Dies auf unwegsamen Naturstrassen, Provinzstrassen mit zum Teil an die 20% Steigung, durch die weitläufige Ebene der Maremma, Ausflüge hin zum Meer, wöchentliche Fahrten ins entlegene Donoratico. Vieles ist seither geschehen auf der Podere Usignolo, die Olivenbäume sind geschnitten, die Wiesen gemäht, nach viel Regen wächst und gedeiht es jetzt kräftig im orto, unserem grossen Gemüsegarten. Ein neues kleines Gewächshaus ist im Entstehen, Gäste kommen und gehen. Was bleibt, ist die Begeisterung für den iON. Wir alle geniessen den kleinen Luxus vom entschleunigten, entspannten Fahren, die Wendigkeit und Zuverlässigkeit des Fahrzeuges, das Wissen darum, dass wir den mit unserer grosszügig ausgelegten Fotovoltaikanlage erzeugten Strom nun auch für unsere Mobilität nutzen können - und damit einen kleinen doch innovativen Beitrag leisten zur Reduzierung von Lärm, Abgasen und CO2. Persönlich erlebe ich zudem, wie der kleine iON mich unterstützt im Bestreben, meine Werte weiter auf Wesentliches auszurichten und mich von gängigen Klischees zu verabschieden, denn nicht Tempobolzerei, Kraftmeierei oder Geldprotzerei ist, was in die Zukunft führt, sondern intelligente, ressourcenorientierte Mobilität, die uns wieder den Luxus von Zeit erleben möglich macht. 

2 Kommentare:

  1. Selten so viel Halbwahrheiten und Selbstbetrug auf einem Haufen gelesen.

    Michael Reiter

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    1. Mir hat der Bericht gefallen. Ich bedaure, dass es Leute gibt, die Ihre schlechte Laune im Internet auslassen.

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